Praxiskonzept
Allgemein
Patienten, die mit dem beeinträchtigten Aussehen und der gestörten Funktion ihrer Zähne nicht zufrieden sind, soll bei der Lösung ihres Problems durch uns geholfen werden.
Dabei gilt: Die Zufriedenheit der Patienten ist wichtiger als der Stand des Praxiskontos. Patientenwohl vor Gewinnmaximierung. Oder wie ich von meinem Vater gelernt habe: „Geld ist ein guter Diener, aber ein schlechter Herr.“ Finanzielle Fairness – sowohl für Patient, aber auch für Arzt. Eine gute Praxis braucht eine betriebswirtschaftlich gesunde Basis, nicht zuletzt damit auch die Mitarbeiterinnen angemessen bezahlt werden können.
Ein wichtiger Grundsatz: Die Behandlungsdauer und damit Belastung des Patienten soll möglichst gering gehalten werden. Mitunter ist es sinnvoll, bei stark gestörter Funktion (z.B. Kreuzbiß, Mundatmung, inkompetenter Mundschluß, Lutschen) diese schon früh zu korrigieren, die Feineinstellung aber erst später nach dem Zahnwechsel durchzuführen (sogenannte Zweiphasenbehandlung).
1. Entkalkungen:
Das Hauptproblem festsitzender Spangen ist, daß sie eine sehr gute Mundhygiene erfordern. An einer Spange bleibt mehr hängen als an keiner Spange. Gerade festsitzende Spangen erschweren die Selbstreinigung der Zähne durch Wangen und Zunge. Je schlechter die Zähne geputzt werden, umso größer ist die Gefahr der Entstehung von Karies und Entkalkungen. Ein sauberer Zahn geht nicht kaputt. Werden bestimmte Stellen an den Zähnen längere Zeit nicht gereinigt, bilden sich dort Zahnbeläge. Das sind Bakterienrasen, die den Zucker der Nahrung zu Säure abbauen. Kann diese Säure längere Zeit auf den Zahn einwirken, kommt es hier zu Auflösungserscheinungen, sogenannten Entkalkungen.
Durch die hier eingeschlossene Luft wirkt diese Stelle wie ein weißer Fleck. Eine Entkalkung ist noch kein Loch, sondern nur eine poröse Stelle im Zahnschmelz. Bei ganz schlechten Putzern kann daraus sogar Karies entstehen.
Um es nicht soweit kommen zu lassen, sind zwei Dinge wichtig: tägliches und gründliches Putzen sowie halbjährliches Auftragen eines stark fluoridhaltigen Schutzlackes auf die besonders gefährdeten Zahnbereiche.
Durch einen solchen Schutzlack kann das Risiko von Entkalkungen um immerhin 60% reduziert werden. Putzen kann der Lack natürlich nicht ersetzen. Speziell für festsitzende Spangen wurde Duraphat®5000ppm Flúor mit dem dreifachen Fluoridgehalt sonst üblicher Zahncremes entwickelt.
2. Wurzelresorptionen:
Wird ein Zahn bewegt, muß logischerweise der den Zahn umgebende Knochen umgebaut werden. An dem Ort, wohin der Zahn bewegt werden soll, muß der Knochen abgebaut werden. Dort, wo der Zahn vorher stand, muß neuer Knochen gebildet werden. Das braucht Zeit. Als Faustregel gilt: Ein Millimeter Zahnbewegung dauert etwa 6 Wochen. Mitunter übertreiben die für den Knochenabbau zuständigen Zellen ihre Arbeit aber etwas – sie greifen dann nicht nur den Knochen, sondern auch die Zahnwurzel an. Es kommt dann zu Abrundungen der Wurzelspitzen, sogenannten Resorptionen. Selten sind diese Wurzelabrundungen auf dem Röntgenbild überhaupt zu erkennen. Solange es dabei nur um ein bis 3mm geht, sind sie auch harmlos. Sehr selten kann aber auch die Hälfte der Wurzel oder sogar mehr resorbiert sein.
Es ist bislang nicht vorhersagbar, bei welchem Patienten ein erhöhtes Risiko von Wurzelresorptionen besteht. Riskofaktoren sind eine sehr lange Behandlungsdauer, die Verwendung von sehr harten Stahlbögen, eine gewisse familiäre Neigung zu Resorptionen, pipettenförmige Wurzelspitzen, die Bewegung des Zahnes über eine sehr weite Strecke, frühere Unfälle (Sturz auf Frontzahn), vor allem aber sogenanntes jiggling (Hin- und Herbewegen des Zahnes durch unregelmäßige Mitarbeit und Angewohnheiten wie Unterlippeneinsaugen hinter die oberen Schneidezähne). Derartige Resorptionen können übrigens auch dann beobachtet werden, wenn nie eine Spange zum Einsatz kam.
Selbstbestimmung & Respekt
Die Mitarbeit des Patienten ist für den Erfolg entscheidend – deshalb wird niemand zu einer Behandlung überredet oder gedrängt, im Gegenteil: Nach Erstberatung wird jeder Patient erst einmal weggeschickt, um zu Hause in Ruhe zu überlegen, ob er tatsächlich eine Behandlung wünscht und er zur Mitarbeit bereit ist.
Eine Behandlung wird nur begonnen, wenn der Patient das selber will. Nur dann ist er bereit gut mitzuarbeiten, nur dann erträgt er die Belastungen einer Kfo-Behandlung, nur dann wird ein gutes Behandlungsergebnis erreicht. Ich will nur motivierte Patienten – andernfalls wird die Behandlung für alle Beteiligten zum Krampf.
Klar ist: Es geht in der Kieferorthopädie nicht ums Leben, nur um Lebensqualität.
Man kann auch mit schiefen Zähnen leben. Ich als Kieferorthopäde versuche das Hauptanliegen des Patienten zu erfassen und mache Lösungsvorschläge. Der Patient wählt den für ihn passenden Weg – zum Beispiel auch: „Keine Behandlung“.
Therapiewünsche des Patienten werden umgesetzt, wenn diese sinnvoll umsetzbar , ärztlich vertretbar und tatsächlich erfolgsversprechend sind.
Ästhetik, Zähne & Körper
Es geht nicht nur um gerade Front-
zähne. Zähne haben auch Einfluß auf andere Teile des Körpers.
Ein ganz wichtiger Nebeneffekt: Durch eine mehrjährige kieferorthopädische Behandlung bekommt jeder Patient zwangsläufig ein ganz anderes Bewußtsein der Wichtigkeit seiner Zähne.
Bei starker Parodontitis (Entzündung von Zahnfleisch & Zahnhalteapparat) kann es beispielsweise zu Auswirkungen kommen auf:
- Herzkreislaufsystem (höheres Risiko von Herzinfarkt & Bluthochdruck)
- Gelenke (Verstärkung rheumatischer Beschwerden)
- Bauchspeicheldrüse (Verschlimmerung von Diabetes / Insulineinstellung erschwert)
- Schwangerschaft (höheres Risiko von Frühgeburten / geringerem Geburtsgewicht)
- Gehirn (höheres Risiko von Schlaganfall & Demenz)
Ungünstige Verzahnung kann aber auch zu Funktionsstörungen im Kopf-Schulterbereich führen:
- gestörte Abbeiß- und Kaufunktion durch zu großen Vorstand (mehr als 10mm) der oberen Schneidezähne oder einen einseitigen posterioren Kreuzbiß
- Verdauungsprobleme durch eingeschränkte Kauleistung
- Sprachstörungen durch lückig vorgekippte obere Schneidezähne mit Zungeneinlagerung zwischen den Zähnen (Lispeln)
- höhere Unfallgefährdung der oberen Schneidezähne durch zu großen Vorstand der oberen Schneidezähne
- Mundatmung mit ständig ausgetrockneter Mundschleimhaut und erhöhter Infektanfälligkeit durch zu großen Vorstand der oberen Schneidezähne.
- Kopfschmerzen unklarer Ursache (9 von 10 meiner bisherigen Patienten, die am Tag der Erstuntersuchung seit Jahren wenigstens wöchentlich auftretende starke Kopfschmerzen angeben, sagen nach einem halben Jahr, daß diese Kopfschmerzen ganz verschwunden oder zumindest deutlich seltener und schwächer auftreten würden. Für Migräne gilt das meiner Erfahrung nach leider nicht. Kopfschmerzen können alle möglichen Ursachen haben. Wenn aber alle bisherige Suche nach einer Ursache vergeblich war, lohnt es sich, die Zahnstellung genauer anzusehen.)
- Augenmuskulatur (gestörte Koordination der Augenbewegungen bei Winkelfehlsichtigkeit mit der Folge von Konzentrationsschwäche & Kopfschmerzen, die mitunter als ADHS fehldiagnostiziert werden)
- Ohren (Tinnitus, dessen Tonhöhe sich durch unterschiedlich hartes Zubeißen verändern läßt / Schwindel)
- Kaumuskulatur (Verspannungen / Druckschmerzempfindlichkeit)
- Kiefergelenke (Mundöffnungseinschränkung / Schmerzen bei Mundöffnung & beim Kauen)
- Halswirbelsäule / Wirbelsäule / Becken / funktionelle Beinlängendifferenz mit Auswirkungen auf Körperhaltung, Körperstatik weil die Kaumuskulatur über das Zungenbein mit der Halswirbelsäule verbunden ist.)
Netzwerk & Weiterbildung
Kompetenzerhalt / Weiterentwicklung: Wichtig ist mir fachlich nicht stehenzubleiben. Die Kieferorthopädie entwickelt sich weiter und ich will mich mit ihr ebenfalls weiterentwickeln.
Kollegialität / Netzwerk: In der Kieferorthopädie geht es nicht nur um gerade Zähne, sondern auch um eine gute Funktion. Wichtig ist deshalb die Zusammenarbeit mit anderen Fachgebieten, z.B. mit Hauszahnarzt, Logopädin, Oralchirurg, HNO-Arzt, Physiotherapeut, Osteopathin, Kiefergelenkspezialist, Mund-Kiefer-Gesichtschirurg und Orthoptist.
Kieferorthopädie & Zahnstellung I
Verzahnung ist nichts von Anfang an fertiges oder ein für allemal festes.
Sie entwickelt sich, besonders während des Wachstums, in einem Prozeß, in welchem verschiedene sich selbst ebenfalls verändernde Teile des Kopfbereiches aufeinander einwirken.
Mit Spangen gibt es ein „künstliches“ Mittel, in diesen Prozeß einzugreifen. Dabei bewege ich nicht nur Zähne in eine als ideal angenommene Position, sondern gebe ihnen im Idealfall einen Stups in die richtige Richtung.
Ich weiche mit meiner Spange gewissermaßen die Verzahnung auf und erlaube dem Körper, vor allem dank der Wangen-, Lippen- und Zungenmuskulatur, seine individuelle, funktionell optimale Verzahnung zu finden oder technisch formuliert: Ich drücke den reset-Knopf.
Das klappt aber nur, wenn keine groben Funktionsstörungen vorliegen, wie Mundatmung, falsche Zungenlage oder Gewohnheiten wie Lutschen, Lippenbeißen, Wangensaugen. Im konkreten Einzelfall müssen hier HNO-Arzt, Logopäde, Physiotherapeut oder gar Kieferchirurg mitwirken.
Können diese für die Fehlstellung ursächlichen funktionellen Störungen nicht behoben werden, kann auch keine dauerhaft stabile Idealverzahnung eingestellt werden. Dann muß man es lassen – oder sich mit einem Kompromiß zufriedengeben.
Kieferorthopädie & Zahnstellung II
Um dieses Konzept umzusetzen, sind aus meiner Sicht zwei Aspekte besonders wichtig:
Zu Beginn der Behandlung dürfen nur sehr schwache Kräfte zum Einsatz kommen, bis die individuelle Zahnbogenform etabliert ist.
Diese von der Spange ausgeübten Kräfte müssen schwächer als die von der Mundmuskulatur ausgeübten Kräfte sein. Diese Behandlungsphase dauert bis zu einem halben Jahr. Gelingt es innerhalb dieser Zeit nicht, alle Engstände weitestgehend aufzulösen, muß eine Entscheidung gefällt werden: entweder müssen doch Zähne gezogen werden oder man entscheidet sich gegen Extraktionen, formt die Zahnbögen mit stärkeren Drähten aus und muß dann eine geringere Stabilität des Behandlungsergebnisses in Kauf nehmen.
Ziel ist es, die Entfernung von Zähnen zu vermeiden. Doch es gibt Situationen, da müssen leider gesunde Zähne geopfert werden. Kiefergröße und Zahngröße harmonieren nicht immer.
Liegt eine solche Größendiskrepanz vor, muß der Patient zwischen drei Möglichkeiten wählen:
a) mit dem Engstand leben und auf eine Behandlung verzichten,
b) eine kieferorthopädische Behandlung ohne Extraktionen (NonEx-Behandlung) aber mit operativer Entfernung der Weisheitszähne durchführen lassen oder
c) falls mitunter doch nötig Zähne extrahieren lassen, die Zahnbögen gerade ausformen lassen und den Weisheitszähnen eine Chance zum Durchbruch geben.
Kieferorthopädie & Zahnstellung III
Die Größe der Kieferknochen setzt dem Kieferorthopäden Grenzen, über die hinaus er die Zähne nicht ungestraft bewegen darf.
Andernfalls riskiert er auf lange Sicht einen zu starken Rückgang des Zahnfleisches (Rezessionen) speziell an den Außenseiten der Oberkieferseitzähne
und der Unterkieferfrontzähne.
Die langfristige Stabilität des Behandlungsergebnisses ist in diesen Fällen eher fraglich. In diesen Fällen auf Extraktionen zu verzichten ist zwar behandlungstechnisch der einfachere Weg, aber der funktionell und ästhetisch ungünstigere. Auch dann, wenn die oberen Schneidezähne soweit vorstehen, daß die Lippen nicht mehr ohne Anspannung geschlossen werden können, sollten Zähne gezogen werden. Nur so kann in diesen krassen Fällen ein zwangloser Mundschluß ermöglicht werden und eine Harmonisierung des Gesichtsprofils erfolgen.
Schließlich – wenn der Unterkiefer relativ zum Oberkiefer deutlich zu klein oder zu groß ist, kann eine solche Fehlstellung mitunter nur durch eine Kieferoperation korrigiert werden. Nicht jeder ist bereit, sich einer solchen mehrstündigen Operation zu unterziehen – zumal, wenn er mit seinem Gesichtsprofil eigentlich zufrieden ist. In diesen Fällen besteht oftmals die Möglichkeit, den Zahnbogen im zu großen Kiefer durch das Ziehen von Zähnen zu verkleinern. Dann passen beide Zahnbögen zueinander. Eine solche Camouflagebehandlung ist natürlich ein Kompromiß: Danach stehen die Zähne gut, das Gesichtsprofil aber wird durch eine reine Spangenbehandlung ohne Kieferoperation nicht verändert. Die Entscheidung für oder gegen Zahnextraktionen muß im konkreten Einzelfall sorgfältig abgewogen werden.