Dr. Andreas Riedel - Fachzahnarzt für Kieferorthopädie in Greifswald

Aktive Platten

Das sind herausnehmbare Spangen, die jeweils nur einen Zahnbogen gerade ausformen sollen. Sie werden mit gebogenen Drahtklammern an den Zähnen befestigt. Mit ihnen können kleinere und unkomplizierte Zahnbewegungen durchgeführt werden. Ihr großer Vorteil ist, daß sie zum Zähneputzen herausgenommen werden können. Das ist aber auch ihr großer Nachteil – leider wirken sie nur, wenn sie getragen werden.
Sie müssen jeden Tag länger im Mund sein als außerhalb. Wird die Spange weniger getragen, kommt es zu keiner Veränderung der Zahnstellung.

Zum Einsetzen zuerst die Schneidezähne einfädeln, danach mit dem Daumen den hinteren Spangenkunststoffrand gegen den Gaumen drücken. Die Spange rastet dann ein und hält. Beim Herausnehmen bitte nicht am Schneidezahndraht anfassen, sondern die Drahtklammern an den Seitzähnen nach unten drücken. Der Frontzahndraht könnte sich verbiegen.

In den ersten drei Tagen drückt die Spange, in den ersten Tagen stört die Spange beim Sprechen. Wird anfangs das Sprechen mit Spange zu Hause geübt, ist das nach drei Tagen vergessen. Solange das Sprechen noch nicht klappt, braucht die Spange nur nachmittags und nachts getragen werden. Danach idealerweise rund um die Uhr, also auch in der Schule. Im Mund wirkt die Spange gut, außerhalb schlecht.

Zum Essen und zum Zähneputzen wird die Spange aus dem Mund herausgenommen. Bitte nie in die Hosen-
tasche stecken, sondern in die Spangendose. Wenn man sich unglücklich darauf setzt, ist sie sonst platt. Noch ein Tipp: Bei McDonalds nie in die Serviette wickeln! Weg ist weg. Beim Zähneputzen sollte auch die Spange jedesmal mit der Zahnbürste unter dem Wasserhahn kurz abgebürstet werden. Andernfalls wird sie recht bald unappetitlich.

Die Spange hat eine Schraube. Geschraubt wird einmal pro Woche, möglichst immer am gleichen Tag, damit das Schrauben nicht zu oft vergessen wird. Bewährt hat sich sonntags. Wird rund um die Uhr getragen, kann auch zweimal pro Woche geschraubt werden, z.B. mittwochs und sonntags.

Zum Einsatz kommt eine herausnehmbare Spange bei mir meist im Oberkiefer als vorbereitende Behand-
lungsphase vor Eingliederung eines funktionskieferorthopädischen Gerätes (EOA / Bionator).

EOA/Bionator

Das sind herausnehmbare Spangen, die in meiner Praxis zur frühzeitigen Korrektur von zu weit vorstehenden oberen Schneidezähnen eingesetzt werden. Gar nicht so selten stehen obere Schneidezähne so weit vor, daß das Kind den Mund nur noch mit starker Anspannung oder gar nicht mehr schließen kann. Das ist nicht gut – die Zähne sind dann unfallgefährdeter. Man weiß nie, was das Leben für Überraschungen bereit hält – bei anderen blutet dann die Lippe, bei diesen Kindern fehlt dann eine Ecke vom Schneidezahn. Oft ist bei diesen Kindern auch das Zahnfleisch im Oberkieferschneidezahnbereich geschwollen und gerötet, also entzündet. Die Aussprache von „S“-Lauten gar nicht so selten erschwert (Lispeln). Das Abbeißen erfolgt meist nicht mit den Schneidezähnen. Käse- oder Schinkenbrötchen werden eher seitlich mit den Eckzähnen gerissen.
Das geht natürlich auch, aber es geht auch eleganter. Und leider ist ein starker Vorstand der oberen Schnei-
dezähne ein häufiger Grund für Hänseleien in der Schule. Der ideale Zeitpunkt für den Behandlungsbeginn mit diesen Spangen ist, wenn die unteren Milcheckzähne wackeln.

Dann beginnt der Seitzahnwechsel, dann erfolgt ein besonders starker Umbau des Kieferknochens, der unbedingt genutzt werden muß. Nach dem Zahnwechsel wirkt der EOA (Elastisch-offener Aktivator) leider nicht mehr. Da diese Art Spange nicht an den Zähnen festgeklammert ist, sondern nur durch Muskelkraft gehalten wird, ist sie eher ein Turngerät für den Unterkiefer.

In den ersten Tagen fällt sie nachts oft aus dem Mund. Sobald das Kind damit sprechen kann, bleibt die Spange aber auch nachts im Mund. Am schnellsten lernt man das Sprechen mit Spange, indem anfangs beim Sprechen die Zähne zusammengebissen und die Lippen übertrieben deutlich bewegt werden. Diese Art von Spangen werden auch funktionskieferorthopädische Geräte genannt: Sie sollen einen anstrengungslosen, entspannten Mundschluß, einen guten Zusammenbiß von oberen und unteren Schneidezähnen, eine gesunde Nasenatmung und eine Harmonisierung des Gesichtsprofils bewirken. Leider wirken sie nur, wenn sie auch getragen werden – sie müssen jeden Tag länger im Mund als außerhalb sein. Ein deutlicher Effekt ist erst nach etwa einem Jahr zu sehen.
Und sie wirken nicht bei jedem Menschen gleich gut. Neben der Mitarbeit ist hier auch der Schädelaufbau entscheidend.

Bekommt das Kind durch die Nase keine oder zu wenig Luft, wirkt die Spange nicht – dann empfehle ich vor Einsatz der Spange die Konsultation eines HNO-Arztes.

Auch hier gilt: Jeden Tag mit Zahnbürste unter dem Wasserhahn gründlich abbürsten. Nie einfach so in die Hosentasche stecken, immer in die Spangendose!

Getragen wird ein EOA bis zum Ende des Zahnwechsels – anfangs idealerweise rund um die Uhr, sobald der Vorstand der oberen Schneidezähne korrigiert ist, nur noch nachts. Sollten den Patienten dann noch bestehende kleinere Zahnfehlstellungen stören, können diese mit relativ wenig Aufwand durch eine festsitzende Spange (Multiband) korrigiert werden. Diese festsitzende Spange wird dann, wenn gewünscht, noch etwa ein Jahr getragen.

Kunststoff-Gaumennahterweiterungsapparaturen (KGNE)

Das sind mit einem fluoridhaltigen Kleber fest auf die Milchseitenzähne geklebte Spangen, die einen sogenannten posterioren Kreuzbiß überstellen. Ist der Oberkieferzahnbogen viel zu schmal, passen oberer und unterer Zahnbogen von der Breite her nicht zusammen. Man spricht dann von einem Kreuzbiß.
Der Unterkiefer wird in diesen Fällen beim Zubeißen oft seitlich verschoben, um trotzdem halbwegs kauen zu können. Der Unterkiefer wächst dadurch in der Folge asymmetrisch. Einseitige Kreuzbisse sind oft mit Kopfschmerzen verbunden. Die Kauleistung ist geringer. Verhungern werden die betroffenen Kinder natürlich trotzdem nicht. In der Kieferorthopädie geht es Gott-sei-Dank nie um’s Überleben, sondern nur um Lebensqualität.

Da in diesen Fällen der Oberkiefer zu schmal ist, ist ein Kreuzbiß oft mit ausgeprägten Engständen verbunden. Der Gaumen ist gleichzeitig der Boden der Nasenhöhle. Ist der Gaumen zu schmal, ist auch die Nasenhöhle zu eng.

Diese Kinder atmen deswegen oft überwiegend durch den Mund. Entfällt durch die Mundatmung die reinigende Filterwirkung und die Vorwärmung der Einatemluft durch die Nase, steigt die Infektanfälligkeit.

Oft schnarchen diese Kinder. Ein erholsamer Schlaf ist jedoch wichtig, um ausgeruht durch den nächsten Tag zu kommen.

Da einseitige posteriore (das heißt den hinteren Seitzahnbereich betreffende) Kreuzbisse oft mit einer schiefen Körperhaltung verbunden sind (einseitiger Schulterhochstand, Wirbelsäulenskoliose, Beckenschiefstand, einseitige funktionelle Beinlängenverkürzung), empfehle ich bei einer solchen Kreuzbißüberstellung unbedingt die Zusammenarbeit mit einer Physiotherapeutin. Der Kopf ist das Ende der Wirbelsäule. Es ist deshalb bei einer solchen schiefen Körperhaltung sinnvoll, von beiden Enden her anzugreifen – die Physiotherapeutin von unten, der Kieferorthopäde von oben.

Faceformer

Beim normalen Schlucken wird der Zungenrücken an den Gaumen angesaugt. Bei manchen Menschen jedoch rutscht die Zunge beim Schlucken zwischen die Schneidezähne. Die Zunge ist ein Muskel und viel stärker als die von einer Spange ausgeübten Kräfte. Eine sogenannte „anteriore Zungeneinlagerung“ verhindert deswegen, daß die oberen und unteren Schneidezähne miteinander in Kontakt kommen.
Die Zunge wirkt dann wie ein Fuß in der Tür. Die Tür geht nicht zu. Jede Gewohnheit kann man prinzipiell ändern. Weil das falsche Schluckmuster aber unbewußt und nicht aus Bosheit erfolgt, ist hier eine Änderung nicht ganz einfach. Oftmals ist dann die Hilfe einer Logopädin nötig. Diese kümmert sich nicht nur um Sprachfehler, sondern auch um Zungenfehlfunktionen.

Zusätzlich ist in diesen Fällen der sogenannte Faceformer ein geniales Hilfsmittel. Mit ihm werden abends nach dem Zähneputzen vor dem Schlafengehen Lippenkräftigungsübungen durchgeführt. Diese werden dem Patienten bei Aushändigung des Gerätes von mir erklärt und geübt. Nachts bleibt das Gerät im Mund. Das geht natürlich nur, wenn die Nase nicht verstopft ist. Das Verblüffende ist, daß mit dem Faceformer im Mund die Zunge bei den allermeisten betroffenen Patienten nicht mehr zwischen den Zahnreihen liegt, sondern rein reflektorisch korrekt am Gaumen angesaugt wird. Der Patient muß also nicht überlegen: „Wie ging noch mal das richtige Schlucken?“, sondern die Zunge findet ganz von allein ihren richtigen Platz am Gaumen. Mit der Zeit kann so das falsche Schluckmuster korrigiert werden. Natürlich nur, wenn der Faceformer konsequent beim Schlafen getragen wird.

Multiband bzw. Multibracketapparaturen

Festsitzende Spangen (Multiband- bzw. Multibracketapparaturen) werden für die Dauer der gesamten Behandlung mit Spezialkleber fest auf die Zähne geklebt. Das ist ihr großer Vorteil – sie wirken dadurch rund um die Uhr. Auch komplizierte Behandlungen können deshalb bei guter Mitarbeit meist innerhalb von zwei Jahren zu einem guten Ergebnis geführt werden. Behandlungen ausschließlich mit herausnehmbaren Spangen dauern dagegen oftmals länger und führen zu einem guten, aber nicht immer perfekten Ergebnis.

Daß sie fest auf die Zähne geklebt sind, ist aber auch der großer Nachteil der festsitzenden Spangen – zum Zähneputzen bleiben sie natürlich auch im Mund. An einer Spange bleibt logischerweise mehr hängen als an keiner Spange. Beim Essen fährt man unbewußt auch mal mit der Zunge über die Zähne. Ist auf die Zähne jedoch eine festsitzende Spange geklebt, funktioniert diese Selbstreinigung der Zähne durch Zunge und Wangen nicht mehr so gut. Darum muß täglich systematisch jeder Zahn zumindest abends gründlich gereinigt werden. Wird während der Behandlung ein paar Wochen nachlässig oder gar nicht geputzt, nehmen die Zähne Schaden. Es kommt zu Zahnfleischentzündungen, Entkalkungen der Zähne um die Brackets in Form weißer Flecken oder gar Löchern. Ganz schlimm wird es, wenn dann auch noch geraucht wird. Und das Beste ist – all das läßt sich ganz einfach verhindern: durch tägliches gründliches Putzen.

Eine festsitzende Spange funktioniert so:
Auf jeden Zahn klebt der Kieferorthopäde ein Metallplättchen. Jedes dieser Plättchen hat einen kleinen Schlitz. Durch diesen Schlitz wird Zahn für Zahn ein durchlaufender dünner elastischer Draht gefädelt. Entlang dieses Bogens werden die Zähne wie Perlen auf einer Kette bewegt.
Steht ein Zahn schief, wird an dieser Stelle der Bogen ausgelenkt. Da der so verformte elastische Bogen in seine ursprüngliche Ausgangsform zurückkehren will, übt er auf den Zahn eine schwache Kraft aus. Diese Rückstellkraft bewegt dann den Zahn.

Begonnen wird mit ganz dünnen Drähten, die durch immer dickere und stärkere Bögen ersetzt werden. Vor einhundert Jahren experimentierten die Kieferorthopäden mit Stahldrähten und dünnen Klaviersaiten. Die heutzutage verwendeten Bögen sind viel dünner, arbeiten mit sehr geringen Kräften und sind deshalb auch sehr schonend. Der von mir üblicherweise als erster Bogen eingesetzte Draht beispielsweise drückt auf einen 10mm außerhalb der Zahnreihe stehenden Zahn mit einer Kraft von etwa 30p. Das ist wirklich nicht viel. Ich finde es immer wieder erstaunlich, mit was für geringen Kräften Zähne bewegt werden können, wenn die Kraft nur lange genug einwirkt.

Beim Einsetzen der Spange besteht die Kunst darin, das Metallplättchen bzw. Bracket so auf den schiefen Zahn zu platzieren, daß dieser Zahn am Ende der Behandlung perfekt gerade in der Zahnreihe steht. Dazu braucht man ein gutes räumliches Vorstellungsvermögen und ein paar Jahre Erfahrung. Außerdem brauche ich dafür Zeit und Ruhe. Deswegen dauert das Einsetzen der festsitzenden Spange in meiner Praxis eine Stunde und erfolgt generell nur vormittags. Alle Folgetermine sind kürzer und finden nach Möglichkeit am Nachmittag statt.

Selbstligierende Brackets

Bei konventionellen Brackets werden die den Zahn bewegenden Drähte mit kleinen Gummiringen befestigt. Diese bremsen leider die Zahnbewegung und werden mit der Zeit recht unhygienisch. Deswegen werden diese Gummiringe bei jedem Kontrollbesuch gewechselt. In meiner Praxis arbeite ich überwiegend mit selbstligierenden Brackets. Bei diesen wird der Draht durch einen Schiebedeckel festgehalten.
Das besondere an diesen passiv selbstligierenden Brackets ist, daß hier bei den ersten Bögen nur etwa ein Hundertstel der Reibungskräfte verglichen mit konventionellen Brackets auftritt. Deswegen kann hier als erster Bogen ein viel dünnerer und damit schonenderer Bögen verwendet werden. Die zum Einsatz kommenden Kräfte sind damit initial nur halb so groß. Die harte Eingewöhnungszeit ist deswegen mit selbstligierenden Brackets auch leichter zu bewältigen. Die meisten Patienten mit konventionellen Brackets sagen, daß die Zähne in den ersten drei Tagen weh taten. Die Patienten mit selbstligierenden Brackets sagen, daß es die ersten drei Tage vor allem beim Kauen harter Sachen weh tat.

Da an selbstligierenden Brackets weniger Zahnbelag hängen bleiben, sind sie hygienischer als konventionelle Brackets. Wenn ein Patient überhaupt nicht putzt, ist es egal, welches Bracketsystem zum Einsatz kommt. Wenn er exzellent putzt, ist es auch egal. Wenn er so halbwegs putzt, ist es nicht egal – dann sind selbstligierende Brackets von Vorteil.

Wegen der besseren Hygienefähigkeit sind die Abstände zwischen zwei Kontrollterminen bei selbstligie-
renden Brackets länger, bei gleicher oder oft kürzerer Gesamtbehandlungsdauer. Das könnte für Patienten mit langer Anreise von Vorteil sein. Seitdem ich mit selbstligierenden Brackets arbeite, klagt kaum noch ein Patient über scheuernde Brackets.

Der für mich wichtigste Punkt ist aber die Möglichkeit der Individualisierung der festsitzenden Spange.
Bei konventionellen Brackets gibt einen Satz Brackets, der für jeden Patienten passen muß – einer für alle.
Bei selbstligierenden Brackets gibt es für fast jeden Zahn die Auswahlmöglichkeit zwischen zwei bis drei verschiedenen Programmierungen.

Ich kann also eine meiner Meinung nach optimale Kombination verschiedener Brackets für jeden Patienten zusammenstellen. Dadurch sind meine Behandlungsergebnisse im Laufe der Jahre besser geworden.

Gummizüge

Um die Zähne des Ober- und Unterkiefers in eine satte Verzahnung zu bringen, brauche ich die Mitarbeit des Patienten:
Um eine perfekte Verzahnung zu erreichen, müssen oftmals kleine Gummiringe getragen werden. Diese ziehen die Ober- und Unterkieferzähne aufeinander zu und müssen Tag und Nacht, also rund um die Uhr, getragen werden. Nur zum Essen werden sie herausgenommen. Das Einhängen wird in der Praxis erklärt. Weil die Gummizüge mit der Zeit ausleiern und nach einem Tag nur noch mit halber Kraft ziehen, sollten sie täglich gewechselt werden. Der Patient bekommt deswegen eine ganze Tüte dieser Gummizüge ausgehändigt.

Anfangs sind diese Gummizüge wie alles Neue natürlich lästig. Man gewöhnt sich aber sehr schnell daran.

Werden die Gummizüge nicht getragen, können sie logischerweise auch nicht wirken. Dann müssen u.U. bleibende Zähne gezogen werden, um auch ohne Mitarbeit des Patienten ein gutes Ergebnis zu erreichen.

Das ist natürlich immer schade – aber durch exzellente Mitarbeit vermeidbar.

Carrieré-Distalizer

Gar nicht so selten kommen Patienten, die mit ihren zu weit vor- und vielleicht auch engstehenden oberen Schneidezähnen unzufrieden sind. Sind schon alle bleibenden Zähne durchgebrochen, gibt es viele Möglichkeiten, einen solchen Vorstand zu korrigieren: milde Fälle durch das Tragen von Gummizügen, extreme Fälle durch eine Kieferoperation. Wird eine Kieferoperation wegen der damit verbundenen Risiken nicht gewünscht, werden klassischerweise die ersten kleinen oberen Backenzähne gezogen; der Symmetrie wegen meist auf beiden Seiten. In die so entstanden Lücken werden dann die oberen Eckzähne hineinbewegt und nach Auflösung der Engstände die Frontzähne gerade ausgerichtet.

Der Carrieré-Distalizer hingegen bewegt die oberen Seitzähne komplett als Einheit zurück, ohne daß gesunde Backenzähne geopfert werden müssen. Dies geschieht schnell und effizient innerhalb von etwa 6 Monaten unter der Anwendung sehr geringer Kräfte (ca. 80 – 120p).

Nach Korrektur der Seitverzahnung werden die Carrieré-Stege entfernt und nun auch im Oberkiefer durch eine festsitzende Spange ersetzt. Voraussetzung für den Behandlungserfolg ist die exzellente Mitarbeit des Patienten. Damit der Distalizer wirken kann, müssen rund um die Uhr schwache Gummizüge getragen werden.

Es gibt zahlreiche weitere Möglichkeiten der Distalbißkorrektur mit anderen festsitzenden Geräten. Die Vorteile der Carrieré-Stege sind aber: Daß sie sehr schonend mit geringen Kräften arbeiten. Daß sie vom ersten Tag des Einsetzens der festsitzenden Spange wirken, wenn die Motivation des Patienten noch groß ist. Daß sie aufgrund ihrer geringen Größe und abgerundeten Form sehr komfortabel sind und den Patienten kaum stören. Daß sie nicht so reparaturanfällig wie andere Klasse-II-Apparaturen sind und deshalb kaum zu zusätzlichen Terminen außer der Reihe zwingen. Aber sie sind kein Selbstläufer, sondern verlangen Mitarbeit.

Gaumennahterweiterungsapparatur (GNE)

Wurde die rechtzeitige Korrektur eines Kreuzbisses verpaßt, kann man auch noch im bleibenden Gebiß einen Überstellungsversuch unternehmen.

Hier kommt ein stabileres Gerät zum Einsatz, welches durch Metallringe auf den hinteren Oberkiefermahlzähnen, den Sechsjahrmolaren, befestigt wird – in der Regel kombiniert mit einer auf die Außenseite der Zähne geklebten festsitzenden Spange.

Klasse-III-Carrieré

Seltener ist ein Vorstand der unteren Schneidezähne. Auch hier können extreme Fälle im Erwachsenenalter nur durch eine Kieferoperation korrigiert werden. Im Kinder- und Jugendalter kann jedoch noch ein Korrekturversuch ohne Kieferoperation mit Klasse-III-Stegen („Carrieré® Motion™ Class III“) unternommen werden.
Da bei einer solchen Progenie oftmals nicht nur ein zu großer Unterkiefer, sondern auch ein zu kleiner und schmaler Oberkiefer vorliegt, werden die Stege dann mit einer GNE (Gaumennahterweiterungsapparatur) kombiniert.

Die Stege sind sehr komfortabel, verlangen aber ebenfalls exzellente Mitarbeit von Seiten des Patienten: Auch hier müssen rund um die Uhr Gummizüge getragen werden.

Dauerretainer

Zähne können ihre Stellung zeitlebens verändern – auch nach einer kieferorthopädischen Korrektur. Egal, ob jemand eine Spange getragen hat oder nicht – spätestens mit dreißig Jahren stehen bei fast allen Menschen die unteren Schneidezähne eng. Man nennt das Altern.

Soll das verhindert werden, muß auf die Rückseite der Frontzähne mit einem Spezialkleber ein dünner Stabilisierungsdraht angebracht werden. Dieser ist leicht zu pflegen, stört weder beim Sprechen noch beim Essen und ist für eine Langzeitstabilisierung über viele Jahre geeignet. Der Draht kann auf Wunsch des Patienten jederzeit wieder entfernt werden – dann muß allerdings das Risiko einer Zahnstellungsveränderung in Kauf genommen werden.

Die regelmäßige Überprüfung seines festen Halts bei den normalen halbjährlichen zahnärztlichen Kontrollen ist unbedingt zu empfehlen.

Nichts hält ewig. Sollte der Dauerretainer brechen oder sich eine Klebstelle lösen, kann man hoffen, daß die Frontzähne trotzdem gerade stehen bleiben. Besser ist es aber, möglichst bald eine Reparatur zu veranlassen, ehe sich die Zähne wieder verschieben.

Hauptgrund für Retainerbrüche sind übrigens Zahnreinigungen mit scharfkantigen Ultraschall-Zahnsteinentfernungsgeräten. Wird bei der Zahnsteinentfernung der Draht zu hart bearbeitet, bricht er irgendwann. Die Prophylaxehelferin, welche die PZR durchführt, sollte deswegen vorher höflich aber mit Nachdruck gebeten werden, gefühlvoll mit dem Draht umzugehen.

Von den gesetzlichen Krankenkassen wird ein Dauerretainer nur bezahlt, wenn vor Beginn der Behandlung ein unterer Schneidezahn mehr als 3mm außerhalb der Zahnreihe steht. Flunkern geht nicht – das kann am Anfangsgipsmodell nachgemessen werden.

Retentionsschienen

Endlich! Die festsitzende Spange wird von den Zähnen wird entfernt, der aktive Teil der Spangenbehandlung ist geschafft. Das erreichte Behandlungsergebnis muß nun stabilisiert werden. Dazu dienen entweder auf die Rückseite der Schneidezähne geklebte nicht sichtbare Drähte (Dauerretainer) oder herausnehmbare Nachtschienen. Diese Retentionsschienen müssen wenigstens ein Jahr konsequent nachts getragen werden.

Das Zahnfleisch enthält auch elastische Fasern, welche die Zähne in die ursprüngliche Position zurückziehen. Man sagt, daß diese Fasern etwa ein Jahr brauchen, um sich an die neue Zahnstellung anzupassen.

Solange man lebt, verändert man sich. Auch die Zahnstellung verändert sich im Laufe des Lebens. Beispielsweise stehen bei fast allen Menschen mit spätestens dreißig Jahren die unteren Schneidezähne eng – egal, ob in jungen Jahren eine Spange getragen wurde oder nicht. Es handelt sich hier um einen natürlichen Vorgang. Man nennt das „Altern“.

Einen solchen Frontengstand kann man natürlich auch akzeptieren. Wer aber kein Risiko eingehen will und unbedingt geradestehende untere Schneidezähne behalten will, kann hinter diese einen Dauerretainer kleben lassen. An diesen Draht gewöhnt man sich ganz schnell. Die meisten spüren ihn nach zwei Tagen gar nicht mehr. Solange sich dieser Stabilisierungsdraht intakt im Mund befindet, bleiben die Schneidezähne gerade stehen. Sobald er entfernt wird, muß man das Risiko in Kauf nehmen, daß wieder ein frontaler Engstand auftritt.

Kopfschmerzen / Kiefergelenkschmerzen

Zähne, Kaumuskulatur und Kiefergelenke bilden ein komplexes, gut aufeinander abgestimmtes System. Kiefergelenke, Schädelknochen und Halswirbelsäule sind durch Muskeln und Sehnen miteinander verbunden. Bei länger andauerndem übermäßigen Stress kann es bei Zahnfehlstellungen in Kombination mit Zahnpressen oder Knirschen zur Überlastung dieser Strukturen kommen. Stress kann ja auf mancherlei Weise abgebaut werden – unter anderem eben auch über die Zähne. Man spricht nicht ohne Grund vom Zähne zusammenbeißen. Diese Überlastungen können sich als übermäßige Abnutzung der Zähne, aber auch als Kiefergelenkschmerzen, Kopfschmerzen oder auch als verspannte Kau- und Nackenmuskulatur äußern.

Kopfschmerzen können sehr viele verschiedene Ursachen haben. Der Einfluß der Zahnstellung ist eher gering – einfach deshalb, weil andere Faktoren wichtiger sind.

Wenn Sie aber seit Jahren an Kopfschmerzen unklarer Ursache leiden, alle möglichen Untersuchungen beim Neurologen, durch MRT und EEG nichts ergeben haben, dann könnten Ihre Kopfschmerzen möglicherweise ihre Ursache in einer ungünstigen Zahnstellung haben. Ein einseitiger Kreuzbiß der Seitzahngebiete soll das Risiko von Kopfschmerzen verdreifachen – eine Kombination von Kreuzbiß, mehr als 5mm vorstehenden oberen Schneidezähnen und Tiefbiß sogar mehr als verachtfachen.

Meiner Erfahrung nach ist eine zu steilstehende Oberkieferfront in Kombination mit übermäßigem Zahnpressen oft mit einer Überlastung der Kaumuskulatur und Kiefergelenke verbunden. Nicht wenige dieser Patienten sagen nach einem halben Jahr festsitzender Spange, daß ihre Kopfschmerzen verschwunden oder zumindest deutlich gemildert seien.

Bei Migräne, so mein Eindruck, wird übrigens durch eine kieferorthopädische Behandlung leider fast nie eine Besserung erreicht.

Dysgnathieoperationen

Manche Kieferfehlstellungen sind so ausgeprägt, daß sie mit einer Spange allein nicht korrigiert werden können. Dann muß durch einen Kieferchirurgen in einer mehrstündigen Operation ein oder auch beide Kiefer umgesetzt werden.

Im Vorfeld der Behandlung bespricht der Patient mit dem Kieferorthopäden den Ablauf der geplanten Behandlung. Zeitnah vereinbart der Patient daneben auch einen Termin beim Kieferchirurgen, um all seine Fragen zur Operation loswerden zu können. Dann werden mit einer festsitzenden Spange der Ober- und Unterkieferzahnbogen vorbereitet. Der Kieferorthopäde simuliert dann das angestrebte Behandlungsziel in einer sogenannten Modell-Operation und stellt die Op-Splinte her. Das sind Kunststoffschienen, die dem Kieferchirurgen vorgeben, wohin er die Kiefer während der Operation stellen und dann fixieren soll.

Für die Operation und vor allem die Zeit danach sollten sicherheitshalber drei Wochen Zeit eingeplant werden. Bei manchen Menschen schwillt das Gesicht sehr stark an – da ist es gut, wenn Sie nicht auf die Straße oder gleich wieder zur Arbeit gehen müssen. Ich empfehle, am Tag nach der Operation nicht in den Spiegel zu schauen.

Eine mehrstündige Operation ist immer mit Risiken verbunden: Es kann bei Verletzung des Unterkiefernerven zu Taubheitsgefühlen der Lippe kommen. Diese bilden sich binnen eines Jahres meistens vollständig zurück – aber nicht immer. Außerdem besteht natürlich wie bei jeder Operation ein gewisses Narkoserisiko. Bei einem Verkehrsunfall gibt es da kein Überlegen – vor einem Wahleingriff sollten Sie das aber ganz kurz tun.

Da der Chirurg nicht auf den Millimeter genau operieren kann, erfolgt nach der Operation durch den Kieferorthopäden die Feineinstellung der Verzahnung. Das dauert auch noch mal ein Jahr. Insgesamt sollten Sie also, da eine Menge Termine zwischen Patient, Kieferchirurg und Kieferorthopäde abzustimmen sind, mit zweieinhalb Jahren Behandlungsdauer rechnen.

Die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen fast die gesamten Kosten einer solchen kombiniert kieferorthopädisch-kieferchirurgischen Behandlung. Die Op-Splinte zahlen einige Kassen nicht.

Schnarchtherapie

Schlafen ist lebensnotwendig. Wer gut schläft, wacht erfrischt auf und ist leistungsfähig.

Im Wachzustand halten die Muskeln von Gaumensegel, Zäpfchen und Zungengrund die Atemwege offen. Im Schlaf nimmt die Muskelspannung ab, es kommt zu einer Verengung des Rachenraumes. Die benötigte Luft muß deshalb mit größerer Geschwindigkeit angesaugt werden. Durch Vibration des erschlafften Gaumensegels kann dann ein Schnarchgeräusch entstehen.

Schnarchen kann harmlos, aber lästig sein – zumindest für andere. Kommt es aber zusätzlich noch zu Atemaussetzern, kann das Allgemeinbefinden erheblich beeinträchtigt werden. In einer Nacht kann es zu hunderten solcher Atemaussetzer kommen, die 10 Sekunden und länger dauern können.

Der Schlaf ist dann nicht erholsam. Am Morgen ist der Hals trocken. Typisch sind morgendliche Kopfschmerzen, Tagesmüdigkeit und Konzentrationsschwächen. Es kann zu Bluthochdruck und einem erhöhtem Herzinfarkt- und Schlaganfallrisiko kommen.

Bei Verdacht auf eine solche obstruktive Schlafapnoe überweist Sie Ihr Hausarzt an einen Schlafmediziner bzw. ins Schlaflabor. Eine Nacht lang werden Atemaussetzer, Schnarchgeräusche, Pulsfrequenz und Sauerstoffsättigungsgrad des Blutes aufgezeichnet. Der Schlafmediziner schlägt dann eine geeignete Therapie vor.

Bei schweren Fällen kann beispielsweise das Gaumensegel operativ gestrafft, eine schiefe Nasenscheidewand begradigt, Rachen- und Gaumenmandeln entfernt werden. Oder es erfolgt künftig eine nasale Überdruckbeatmung: Der Patient trägt nachts eine Atemmaske, die über einen Schlauch mit einem Beatmungsgerät verbunden ist. Der Überdruck verhindert ein Zusammenfallen der Atemwege.

Bei milden Fällen kann aber auch eine Schnarcherschiene helfen. Ob eine solche Schiene bei Ihnen wirkt, kann im Vorfeld getestet werden. Ihre gesetzliche Krankenkasse wird diese Kosten nicht übernehmen.

Daumenlutschen

Spätestens wenn die oberen bleibenden Schneidezähne mit ihrem Durchbruch beginnen, sollte mit dem Daumenlutschen aufgehört werden. Durch das Saugen an Daumen oder Fingern entstehen nämlich überraschend starke Kräfte. Durch diese werden die oberen Schneidezähne nach einer gewissen Zeit nach vorn gekippt.

Wenn das Kind selber mit dem Lutschen aufhören will, aber beim Einschlafen der Daumen doch immer wieder in den Mund rutscht, dann ist eine Mundvorhofplatte eine große Hilfe. Sie ähnelt einem Boxermundschutz aus weichem Silikon und wird abends vor dem Schlafengehen in den Mund gesetzt.

Wenn das Kind nun beginnt wegzudämmern, die Selbstkontrolle nachläßt und der Daumen wieder in den Mund rutschen will, wird das durch die Mundvorhofplatte verhindert. Wenn es gelingt, acht Wochen ohne Lutschen einzuschlafen, dann ist diese Gewohnheit dauerhaft überwunden. Wenn das Kind jedoch lutschen will, braucht es nur die Mundvorhofplatte aus dem Mund zu nehmen. Es soll ihm ja nicht die letzte Freude im Leben genommen werden. Wenn es aber mit dem Lutschen aufhören will, wird ihm das mit dieser Methode gelingen.

Digitales Röntgen

Um böse Überraschungen auszuschließen, wird vor Beginn einer kieferorthopädischen Behandlung eine Röntgenübersichts-
aufnahme vom Kieferknochen angefertigt. Die daraus entnommenen Informationen haben Konsequenzen für die Planung der Behandlung. Liegt bereits eine vom Hauszahnarzt angefertigte Röntgenaufnahme vor, die nicht viel älter als ein Jahr ist, wäre es unsinnig, erneut zu röntgen.

Heutige Röntgengeräte arbeiten digital, d.h. es wird nicht wie früher ein Röntgenfilm belichtet und danach chemisch entwickelt, sondern das auf einem Sensor entstandene Abbild des Kiefers wird sofort in ein digitales Bild umgewandelt. Die Qualität dieser digitalen Aufnahmen ist um Welten besser als die der früheren analogen Röntgenbilder und vor allem von gleichbleibend guter Qualität.

Die Aufnahme selbst dauert nur wenige Sekunden und kann danach sofort am Computerbildschirm betrachtet werden.

Durch die Digitalisierung des Röntgens konnte die Strahlenbelastung erheblich verringert werden. Die Strahlenbelastung einer solchen Aufnahme ist nicht ganz so hoch wie die Höhenstrahlung eines Fluges von Berlin nach London und zurück. Fliegen Sie in Ihrem Urlaub bis nach San Francisco, schlucken Sie während der Flugzeit die Dosis von etwa 8 solcher Röntgenaufnahmen.
So oft werden Sie während einer zweijährigen kieferorthopädischen Behandlung nicht geröntgt.

Aligner

Derzeit erleben herausnehmbare Spangen in Form von Alignern ein großes come back. Das sind dünne, durchsichtige Tiefziehschienen. Der Patient bekommt mehrere Schienen überreicht, die rund um die Uhr getragen werden müssen. Jede dieser Schienen bewegt die Zähne ein wenig in Richtung der angestrebten Zielposition.

Für die Korrektur kleinerer Fehlstellungen im Frontzahnbereich ist das eine interessante Alternative zu den sichtbaren Brackets. Allerdings darf man selbst bei sehr guter Mitarbeit kein perfektes Ergebnis erwarten und muß sich mit einem 90%-Ergebnis begnügen. Wer Perfektion erwartet und sich nicht in der Lage sieht, die Schienen wenigstens 20 Stunden pro Tag zu tragen, sollte einer festsitzenden Spange den Vorzug geben.

Behandlungsdauer und Anzahl der benötigten Schienen können ungefähr aus dem Ausmaß des Schief-
standes der Zähne abgeleitet werden. Steht zum Beispiel ein Schneidezahn etwa 3mm aus der Reihe heraus, müssen für diesen Zahnbogen wenigstens 12 Schienen angefertigt werden. Die Behandlung wird in diesem Fall bei exzellenter Mitarbeit etwa ein Jahr dauern.

Ein großer Nachteil der Alignerbehandlung ist der Umstand, daß der Kieferorthopäde auf zu Beginn der Behandlung noch nicht vorhersehbare Ereignisse nicht reagieren kann. Er kann nur wie ein dressierter Affe das Päckchen der Alignerfirma öffnen, die nächste Schiene entnehmen und dem Patienten feierlich überreichen. Das wird ein auf Alignerbehandlungen spezialisierter Kieferorthopäde natürlich anders sehen.

Die durch Aligner auf den zu bewegenden Zahn ausgeübten Kräfte sind übrigens deutlich stärker als bei einer festsitzenden Spange.

Auch umfangreiche und komplizierte Behandlungen können von in der Alignertherapie erfahrenen Kiefer-
orthopäden zu einem guten Ende geführt werden. Es kommen dann aber bis zu 30, mitunter sogar 50 oder gar 80 in Folge zu tragende Schienen zum Einsatz.

Eine festsitzende Spange führt in der Hälfte der Zeit bei deutlich geringeren Kosten zu einem entschieden besseren Ergebnis. Aber sie ist zugegebenermaßen sichtbar. Hier muß der Patient eine Abwägung vornehmen.

Insignia

Bei Standardbrackets bekommt jeder Patient den gleichen Satz Brackets. Hier ist keine Individualisierung möglich.

Beim von mir bevorzugten Damonsystem, also passiv selbstligierenden Brackets, ist eine stärkere Individualisierung möglich. Hier kann der Kieferorthopäde für jeden Zahn ein Bracket aus verschiedenen vorgegebenen Varianten auswählen. Das Behandlungsergebnis wird dadurch deutlich besser als bei der Verwendung von Standardbrackets.
Bei Standardbrackets gilt: Ein und dieselbe Programmierung muß für jeden Patienten passen.

Insignia ist ein computergestütztes Damonsystem. Hier erfolgt eine völlige Individualisierung aller Brackets. Es wird also ein Satz Brackets hergestellt, der nur für diesen einen Patienten paßt und nur bei diesem einen Patienten eingesetzt werden kann. Der Kieferorthopäde simuliert im Vorfeld der Behandlung am Computer das angestrebte perfekte Behandlungsergebnis. Dazu wird am Bildschirm, bis ins kleinste Detail an Zahn- und Kieferform angepaßt, eine Spange entworfen. Das ist für mich mit einem nicht geringen Zeitaufwand verbunden. Diese nur für diesen einen Patienten passenden Brackets und Bögen werden hergestellt, nach Deutschland versandt und in den Mund des Patienten mittels Übertragungsschienen auf die Zähne geklebt.

Die Behandlung wird so höchstmöglich individualisiert und das angestrebte Behandlungsergebnis hoffentlich schneller und besser erreicht, weil in der Schlußphase der Behandlung die sonst erforderlichen Feinkorrektur-
biegungen minimiert werden. Jede Korrekturbiegung bedeutet 8 Wochen längere Behandlungsdauer.

Lingualtechnik

Eine festsitzende Spange kann auch auf die nichtsichtbare Innenseite der Zähne geklebt werden. Voraussetzung sind ausreichend große Zähne, denn mitunter sind die Innenseiten der kleinen Backenzähne für Brackets zu klein.

Zu bedenken ist aber folgendes: Man sieht die Spange nicht, aber man hört sie – die Aussprache wird undeutlich und feucht. Wenn jemand viel reden muß, rate ich von einer lingualgeklebten Spange unbedingt ab. Die meisten Frauen kommen von der Aussprache her in meiner Erfahrung nach ein paar Wochen damit gut klar, Männer eigentlich fast nie.

Der Innenradius des Zahnbogens und damit der Abstand zwischen zwei Brackets ist kleiner als der Außenradius. Die auf den Zahn durch den Bogen ausgeübten Kräfte steigen in Abhängigkeit von dieser Interbracketdistanz in der vieren Potenz. Das ist viel. Eine Behandlung mit einer auf die Außenseite geklebten Spange ist deutlich schonender.

Die Brackets einer lingualgeklebten Spange werden von einem Fremdlabor hergestellt. Die Behandlung selbst ist wesentlich aufwendiger und für den Kieferorthopäden nicht gerade rückenschonend. Deswegen kostet eine solche Behandlung etwa das Doppelte einer auf die Zahnaußenseiten geklebten Spange.

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Fotos: cordulafeck.de | Andreas Riedel
Design und Umsetzung: küstenwerk | Greifswald

letzte Aktualisierung: 12/2024

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